Mobbing am Arbeitsplatz, was tun?

Mobber müssen sich zunehmend darauf einstellen, persönlich zur Verantwortung gezogen zu werden. Mein Rat lautet: „Wehret den Anfängen“. Betroffene sollten nicht darauf warten, dass sich die Situation von alleine auflöse, sondern Hilfe bei Frauenvertretungen, Betriebs- und Personalräten, Gewerkschaften und Anwälten suchen. Kurzum: raus aus der Mobbingopferrolle! Genauso müssten Arbeitgeber und Führungskräfte Beschwerden von Betroffenen ernst nehmen, Beweise erheben, Zeugen anhören oder Mobbingbeauftragte benennen.

  

1. Wo fängt Mobbing an, d. h. wo verläuft die Grenze zwischen normalen "Reibungsverlusten" unter Kollegen und aktiver Manipulation?

Die Abgrenzung zwischen Mobbing und anderen sozial unerwünschten Verhaltensweisen, z.B. aktive Manipulation, kann sich im Einzelfall als schwierig erweisen. Die arbeitsgerichtlichen Fachgerichte mühten sich bis zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 16.05.2007 - 8 AZR 809/06 - ab, durch Anwendung zum Teil sehr umfangreicher und komplizierter Definitionen festzustellen, ob Mobbing vorliegt oder nicht.

Mobbing ist jedoch kein Rechtsbegriff, der in die deutsche Gesetzgebung Eingang gefunden hat, stellt somit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare Anspruchsgrundlage dar.

In der Grundsatzentscheidung vom 16.05.2007 - 8 AZR 809/06 - hat­ das BAG den arbeitsgerichtlichen Fachgerichten "ins Stammbuch geschrieben", wie sie bei Mobbingsachverhalten vorgehen müssen. Zunächst sind die vorgetragenen Einzelvorkommnisse sorgfältig anhand der vorhandenen Gesetze zu bewerten, anstatt nur zu diskutieren, ob systematisches Mobbing vorliegt. Danach ist eine Gesamtschau der einzelnen Handlungen, die Mobbing darstellen könnten, vorzunehmen und zu klären, ob die Teilakte zusammengenommen eine rechtlich verbotene Verletzung der Persönlichkeit oder der Gesundheit des Gemobbten darstellen.

In einer weiteren Entscheidung vom 25.10.2007 - 8 AZR 593/06 - hat das BAG den Tatbestand der Belästigung in § 3 Abs.3 Antidiskriminierungsgesetz (AGG) als maßgeblich für die Frage angesehen, ob Mobbing vorliegt oder nicht. Mit der Definition der Belästigung in § 3 Abs.3 AGG habe der Gesetzgeber auch den Begriff des Mobbing umschrieben. Der Begriff der Belästigung könne auf alle Fälle der Benachteiligung eines Arbeitnehmers, gleich aus welchem Rechtsgrund übertragen werden. Die Vorschrift stelle darauf ab, dass ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen werde. Wesensmerkmal der als Mobbing bezeichneten Form der Rechtsverletzung sei damit die systematische, sich aus vielen einzelnen Handlungen / Verhaltensweisen zusammensetzende Verletzung, wobei den einzelnen Handlungen für sich allein betrachtet oft keine rechtliche Bedeutung zukomme.

Zusammenfassend kann gesagt werden: Von Mobbing im rechtlich relevanten Sinn kann in der Regel erst dann gesprochen werden, wenn die genannten Vorfälle der Einschüchterung, Anfeindung, Erniedrigung, Entwürdigung oder Beleidigung mehrfach auftreten und sich über einen längeren Zeitraum (mindestens einem halben Jahr) erstrecken und die Persönlichkeit des Betroffenen oder seine Gesundheit verletzen.

  

2. Was sind typische Verhaltensmuster von Mobbern und was sind typische Reaktionen von Gemobbten?

a) Typische Verhaltensmuster von Mobbern sind:

b) Es gibt kein typisches Verhalten von Mobbingopfern.

Vielmehr werden verschiedene Phasen, wie Mobbing auf Mobbingopfer einwirkt, unterschieden.

Zunächst versucht ein Teil der Betroffenen, die Mobbinghandlungen zu ignorieren, ein anderer Teil kämpft individuell dagegen an, indem versucht wird, dem Mobber durch offenen Widerspruch verbal entgegen zutreten. Ein weiterer Teil der Betroffenen versucht sich anzupassen und unterbreitet Versöhnungsangebote. In den weiteren Phasen kommt es nach einer Zunahme der Isolierung und psychosomatischen Störungen zur "inneren Kündigung", zum Rückzug aus der Arbeitswelt, krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Ein Teil der Betroffenen kündigt selbst, ein anderer Teil wird gekündigt. Häufig endet das Mobbing erst mit dem Ausschluss aus der Arbeitswelt.

Betroffene nehmen oft erst in einer sehr späten Phase des Mobbingverlaufes rechtliche Hilfe in Anspruch, indem sie sich anwaltlich beraten, ggfs. vertreten lassen.

  

3. Wie kann man sich gegen Mobbing wehren?

 

4. Empfehlungen für die Praxis

"Mobbing" und mobbingähnliche Handlungen verursachen enorme persönliche und finanzielle Schäden für die Mobbingbetroffenen und für die Sozialversicherungsträger.

Aber auch Arbeitgeber, die keine oder ungeeignete Maßnahmen gegen "Mobbing" ergreifen, sehen sich ganz erheblichen finanziellen Belastungen für das Unternehmen, das Land oder die Kommune ausgesetzt.

Mobber müssen sich zunehmend darauf einstellen, persönlich zur Verantwortung gezogen zu werden, z.B. indem sie disziplinarisch oder sogar strafrechtlich belangt werden, mit Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen überzogen werden bis hin zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Daher sollten sich alle Beteiligten, ob Mobbing­Betroffener, Arbeitgeber oder Mobber am Motto "Wehret den Anfängen" orientieren.

Für Betroffene bedeutet dies: rechtzeitig aktiv werden, nicht darauf warten, dass sich die Situation von alleine auflöst, nicht mittel- oder langfristig in di e Krankheit flüchten, vielmehr sich rechtlich beraten und vertreten zu lassen durch fachkompetente Anwälte und die Beratung und Unterstützung von Frauenvertretungen, Betriebs-/Personalräten und Gewerkschaften zu suchen. Kurzum: raus aus der Mobbingopferrolle!!!

Tipp: Führen Sie ein "Mobbingtagebuch", in welchem Sie alle Vorfälle nach Ort, Datum, Zeit und Inhalt der Mobbingatacke genau bezeichnen. Nur so können Sie im Falle gerichtlicher Auseinandersetzung die gegen Sie gerichteten Angriffe glaubhaft machen!

Arbeitgeber und Führungskräfte: sollten Beschwerden von Betroffenen ernst nehmen, Beweise erheben, indem sie z.B. Betroffene und Zeugen anhören, Mobbingbeauftragte benennen, ggfs. eine außerbetriebliche Schlichtungsstelle einschal­ten oder eine anonyme Beschwerdestelle einrichten, Führungskräfte und Mitarbeiter schulen, kurz­um: aktiv und konsequent geeignete Maßnahmen gegen die Entstehung und für Bekämpfung von Mobbing ergreifen.

In der gesamten Rechtsprechung ist zunehmend die Tendenz erkennbar, dass Mobbing und mobbingähnliche Verhaltensweisen auch im Arbeitsleben als nicht mehr rechtlich akzeptabel bewertet werden mit der Folge, dass Betroffene mehr als je zuvor ihre berechtigten Ansprüche durchsetzen können.